Eine mystische Sumpftour durch den Sihlwald
- Luftibus
- 4. Okt. 2020
- 3 Min. Lesezeit
Im Sihlwald und den angrenzenden Gebieten gibt es viele kleine Gewässer. Märchenhaft ist es dort an einem Herbstmorgen, wenn Nebelschwaden über die Weiher und Moore ziehen.

Der Gattikerweiher dampft in der Morgensonne.
«Wenn der Sommer vorbei ist und die Ernte in die Scheuern gebracht ist, wenn sich die Natur niederlegt, wie ein ganz altes Pferd, das sich im Stall hinlegt, so müde ist es – wenn der späte Nachsommer im Verklingen ist und der frühe Herbst noch nicht angefangen hat –: dann ist die fünfte Jahreszeit.» Dies schrieb Kurt Tucholsky in einem Essay.
Dampfende Weiher
Die fünfte Jahreszeit hat neben einem reich gedeckten Esstisch und goldenem Licht weitere Vorzüge zu bieten. Zum Beispiel in der Morgensonne dampfende Gewässer und Sümpfe. Sie sind unser Ziel, als wir uns in Rapperswil in den Zug setzen.
In Gattikon (Busstation Obstgarten) sehen wir schon durch die Fenster des Busses, wie Nebelschwaden über den Gattikerweiher mit seinen Seerosenteppichen ziehen. Wir setzen uns am Ufer auf eine Bank, blinzeln in die Morgensonne und geniessen das wunderbare Schauspiel.

Auch über den Waldweiher ziehen Nebelschwaden.
Wenig später erreichen wir nicht einen, sondern den Waldweiher (Swisstopo nennt ihn so). Auch hier sehen wir, wie ein leichtes Lüftchen aus dem Osten Nebelschwaden über den See treibt. Der dichte Wald reicht bis ans Ufer, und es bieten sich märchenhafte Fotosujets. Auf der glatten Oberfläche des Weihers spiegeln sich prächtige Buchen, Eichen und Fichten. Wir würden uns nicht wundern, wenn jetzt Feen und Kobolde auftauchen würden.
Naturerlebnispark Sihlwald
Ein paar Schritte weiter, nach dem Ludretikermoos, erreichen wir den «offiziellen» Sihlwald. Er ist seit dem 1. Januar 2009 ein «national anerkannter Naturerlebnispark» und damit so etwas wie der Nationalpark der Flachländer. Das Projekt «Naturlandschaft Sihlwald» war bereits in den 1980er-Jahren vom Forstmeister Andreas Speich initiiert worden.

Nochmals der Waldweiher.
Auf einem Gebiet von zwölf Quadratkilometern gibt es keine Forstwirtschaft mehr. Umgefallene Bäume bleiben liegen und werden dank Insekten und Pilzen zu einem wichtigen Teil der Nahrungskette. Auf Informationstafeln und Erlebniswegen erfahren wir allerlei Wissenswertes. Wer sich genauer informieren will, macht einen Abstecher zum Besucherzentrum bei der Bahnstation Sihlwald.
Vögel und Hasen
Die Tiere sind (noch) nicht so zahlreich wie im Nationalpark. Wer sie sehen will, muss geduldig sein und genau hinschauen. Wir erblicken unter anderem einen Eichelhäher, etliche Greifvögel und einen Hasen. Beim Langmoos führt ein Steg über einen bewaldeten Sumpf. Wir erkunden diesen mystischen Flecken mit seinen Farnen, Moosen und umgefallenen Bäumen.

Stege führen über den sumpfigen Waldboden.
Entlang der gesamten Strecke gibt es so viele Feuerstellen, Picknickplätze und Sitzgelegenheiten mit sehenswerten Ansichten, dass wir die dreistündige Wanderung auf einen Tag ausdehnen könnten.
Nach der Unterquerung der A3 vernehmen wir mystische Töne. Sie kommen von zwei älteren Herren, die in einem kleinen Park Alphorn spielen. Also setzen wir uns neben sie und lauschen den schönen Klängen, während weit unter uns ein Raddampfer über den Zürichsee fährt.
Imbiss mit froher Aussicht
Nach einem Imbiss auf der Terrasse der Frohen Aussicht gehen wir hinunter nach Horgen und fahren mit dem Kursschiff zurück nach Rapperwil-Jona. Wir sehen den Seerücken, auf dem wir eben gewandert sind, in goldenes Licht getaucht und denken an Tucholskys Essay: «Es ist optimistische Todesahnung, eine fröhliche Erkenntnis des Endes. Es ist die fünfte und schönste Jahreszeit.»

Hinunter an die Sihl, dann über den Seerücken nach Horgen.
Von Gattikon nach Horgen
Route: Gattikerweiher – Waldweiher – Ludretikermoos – Hasenrain – Besucherzentrum Wildnispark Sihlwald – Langmoos – Stumpenhölzlimoos – Eggrain – Frohe Aussicht Oberrieden – Spätz – Horgen
Anreise: Zug und Bus nach Gattikon Obstgarten.
Infos: Dauer 3 Std. (ohne Pausen); Distanz 10,2 km; Höhendifferenz 280 m aufwärts, 398 m abwärts.
Einkehr: Frohe Aussicht, Oberrieden, Mi bis So ab 10 Uhr; Lounge & Bar Au Lac im Hotel Meierhof, Horgen, ab 17 Uhr.
Sehenswürdigkeiten in der Nähe: Wildnispark Langenberg, Langnau; Türlersee.
Rückreise: Kursschiff oder Zug ab Horgen.
Yorumlar