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Das verborgene Idyll

  • Autorenbild: Luftibus
    Luftibus
  • 5. Nov. 2020
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 10. Nov. 2020

Auf einer Sonnenterrasse hoch über Berschis liegt eine wunderschöne Naturlandschaft. Hier tanken wir nochmals Licht für die dunklen und nebligen Tage, die uns nun bevorstehen.

Der Sennis-See, dahinter das Gasthaus und der Gamsberg.



Als wir am Ufer des kleinen Sees auf der Sennis-Alp stehen, wundern wir uns, warum dieser märchenhafte Anblick auf den Social Media noch nicht millionenfach geteilt worden ist. Fast jeder Schweizer – dank Instagram und Co. auch bald jeder Amerikaner oder Chinese – kennt zum Beispiel den Blausee im Berner Oberland.


Aber nur wenige Ostschweizer kennen das ebenso idyllische Sennis-Seeli. Im Gegensatz zu seinem Berner Pendant ist dieses Bjou nicht durch Bauschutt vergiftet worden. Die stattlichen Forellen im blaugrünen Wasser erfreuen sich bester Gesundheit.

Auf wem Weg nach oben kommen tauchen immer mehr Zacken der Alvierkette auf.


Wahrscheinlich ist dieser Ort kaum bekannt, weil die Landschaft auf der Terrasse vor der Alvierkette gut geschützt ist vor Blicken aus dem Tal. Wer im Schnellzug oder auf der Autobahn von Walenstadt nach Sargans braust, sieht keine malerischen Alpweiden, sondern nur die felsigen Steilhänge darunter.


Sehr schmal und sehr steil

Entsprechend abenteuerlich ist die Anreise. Auf dem Weg nach oben überwinden wir ein sehr steiles und sehr schmales Strässchen. Eine zweite Anreisevariante wäre Bahn/Bus nach Ragnatsch und die Seilbahn nach Palfries. Von der Bergstation aus wandert man in zweieinhalb Stunden zur Sennis-Alp.

Der Gauschla (rechts oben) bildet das östliche Ende der Alvierkette.


Weil wir in Zeiten des Social Distancing nicht mit vielen anderen Wochenendausflüglern in Zug und Seilbahn steigen wollen, fahren wir mit dem Auto bis vors Fahrverbotsschild im Forggelswald. Auf den folgenden gut drei Kilometern bis Sennis gibt die wunderbare Landschaft immer mehr von sich preis.


Hausgemachte Energie

Zuerst sehen wir die Felswände des Sichelchamms und des Gamsbergs. Nach und nach tauchen weitere Spitzen der Alvierkette auf, später die darunter liegenden Geröllhalden, Wiesen und Wälder.


Das Berggasthaus Sennis ist bereits geschlossen, doch vor der Hütte nebenan servieren uns die freundlichen Wirtinnen Kaffee und ausgezeichnetes Süssgebäck. Viel Energie und Freude gibt uns die hausgemachte Nusstorte. Die Energiezufuhr ist nötig: Insgesamt – so kündigt es uns die App SchweizMobil an – werden wir heute fast sechs Stunden lang laufen.

Blick nach Westen, links hinten der Mürtschenstock.


Also machen wir uns auf den Weg Richtung Osten, wo sich über uns steile Felswände erheben. Bald erreichen wir die sonnige Alp Malun und gehen weiter zum Nordfuss des Alvier. Wir durchwandern lichte Baumgruppen und Ansammlungen längst verblühter Alpenrosen. Der Blick nach Süden reicht bis Ringelspitz und Tödi, im Südosten erheben sich die Bündner Berge.


Bei Hagel tanzen die Geister

Bei unserem Wendepunkt, dem Berghaus Palfries, sollen während Unwettern manchmal schräge Gestalten tanzen. Laut der Sage «Tanz auf Palfries» feierten hier oben einmal ein paar Knechte eine ausschweifende Party mit Mädchen aus Berschis und zwei Geigern. In der Festlaune vergassen die Knechte die Zeit, ignorierten ein aufkommendes Unwetter und ihre Pflichten. Ihre ganze Herde stürzte über die Felswände in die Tiefe. Für ihren Leichtsinn büssen die Knechte nun, indem sie immer bei Hagelwetter ihr sorgloses Treiben fortsetzen.

Bei Palfries wird die Sicht frei auf die Churfirsten.


Herbstliche Unwetter sind weit entfernt, als wir uns nach einem Picknick auf einer Alpwiese auf den Rückweg machen. Nach Stralrüfi haben wir die Churfirsten vor uns, die in der Nachmittagssonne noch prächtiger aussehen als sonst. Mehrmals sehen wir hinunter auf den Walensee, der über 1000 Meter unter uns liegt.


Schwiizerörgeli und Bier

Zu einem überraschenden «Dessert» kommen wir auf der Lichtung beim Schröterchopf: Hier sitzt ein Mann vor seiner Alphütte und spielt Schwiizerörgeli. Wir kommen mit ihm ins Gespräch, und er lädt uns zu einem Bier ein.


Der Ausblick nach Südwesten gleicht einem sorgfältig komponierten Gemälde: Zuoberst der tiefblaue Himmel, darunter die Zacken des Mürtschenstocks. Weiter unten hat der Dunst das Tal in ein milchiges Blau getaucht. Die Nachmittagsbrise hat ein glitzerndes Gekräusel auf die Oberfläche des Walensee gemalt. Bald steigen wir hinab in das milchige Blau. Unsere Lichtbatterien sind bis zum Anschlag gefüllt, wir sind bereit für den grausten aller Monate.

Das Gebiet Sennis/Palfries liegt hoch über dem Seeztal.

 

Unter der Alvierkette


Route: Parkplatz Forggelswald oberhalb Berschis – Sennis-Alp – Trosboden – Malun – Mürli – Vorderpalfries – Stralrüfi – Alp Castilu – Schröterchopf – Forggelswald.



Anreise: Mit dem Auto nach Berschis, Richtung Sennis. Entlang des Strässchens gibt es mehrere Parkplätze – am besten bis zum Beginn des Fahrverbotes fahren. Variante 2: Mit Zug und Bus nach Ragnatsch, mit der Seilbahn nach Palfries.


Infos: Dauer 6 Std. (ohne Pausen); Distanz 18,5 km; Höhendifferenz 957 m aufwärts/abwärts; minimale/maximale Höhe 1085 m / 1803 m.


Einkehr: Bergasthaus Sennis-Alp; Berghaus Palfries; Berghaus Stralrüfi. In der Übergangssaison vorgängig Öffnungszeiten abklären!


Rückreise: Auto ab Forggelswald/Berschis; oder Seilbahn Palfries-Ragnatsch, anschliessend Bus/Zug.

Disteln, Walensee und Churfirsten.

 
 
 

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